Eine Geschichte
Da habe ich doch diese Woche diese Mail bekommen, die mich wirklich gefreut hat
Weiches Fell, eine Schönheit, Hingabe, wenn sie auf meinem Schoß liegt und ihre Streicheleinheiten einfordert. Dann sehe ich im Schnelldurchlauf Szenen aus ihrem Leben. Als ich das erste Mal Fotos von ihr sah, war dieses Band gleich da. Ich musste weinen, wie abgemagert sie war. In Sardinien aufgefunden, wie sie vor einer Zoohandlung nach Futter bettelte. In der Pflegestelle in Deutschland saß sie wie ein Unschuldslamm zwischen uns. Ich war überzeugt, eine kleine Prinzessin zu bekommen. Dann die ersten Tage bei uns, scheu, vorsichtig, misstrauisch, sich versteckend, Schutz suchend.
Die ersten Schritte nach draußen wollte sie nicht alleine gehen. Ich ging mit ihr. Sie, die mittlerweile den Namen Mieze bekommen hatte, lief weg, wenn sich im Garten etwas bewegte. Mit der Zeit wurde sie mutiger, ging alleine in den Garten, blieb immer länger dort. Dann kam etwas, was mir noch keine Katze vorher gegeben hatte. Sie legte mir ihr erstes Geschenk vor die Haustür. Es war noch alles dran, das spitze Mäulchen, das graue Fell, der Schwanz und die Füßchen. Was sollte ich nur mit dem Geschenk machen? Mieze saß vor ihr, als wenn sie ein Lob erwarten würde. Statt ihr Dankbarkeit zu zeigen, bekam ich Gänsehaut.
Sie entdeckte ihr Revier. Je größer es wurde, umso mehr verteidigte sie es. Es ist mir eine Freude, sie vom Küchenfenster aus zu beobachten. Oben an der Treppe wacht sie wie ein Türsteher, lässt nur jemanden vorbei, wenn ihr seine Nase gefällt. Ich gab ihr einen Nachnamen - Mieze Türsteher.
Wenn wir in Urlaub fahren, fährt auch sie, nur eben in eine andere Richtung. Es gibt da eine wunderschöne Katzenpension mit ausreichend großen Zimmern und einer liebevollen Besitzerin. Die Ferienwohnungen sind deshalb auch frühzeitig ausgebucht. Nach ihrem ersten Aufenthalt durfte sie wieder kommen. Sie hatte sich gut benommen. Die Erleichterung war groß.
Mieze Türsteher wurde von Urlaub zu Urlaub mutiger, frecher, freier. Einst in einem Mehr-Schlafkörbchen-Zimmer untergebracht, wurde sie immer unfreundlicher zu ihren Artgenossen. Mieze Türsteher ist ein Freigeist, die keinen anderen Katzengott neben sich duldet. Als wir sie das letzte Mal abholten, erzählte die Ferien-Ersatz-Dosenöffnerin, dass sie sie von den anderen Urlaubsgästen trennen musste, weil sie alle gemobbt hat. Von da an heißt sie Mieze Türsteher-Rambo.
Unser nächster Urlaub steht nun an. Dieses Mal habe ich die Inhaberin der Katzenpension nicht angerufen, sondern geschrieben, damit sie genug Bedenkzeit hat. Zu groß war meine Sorge, dass ich eine Abfuhr am Telefon bekam. Relativ schnell kam die Antwort:
„Ich musste in meinem Belegungsbuch allerdings schon hin und her schieben, d. h. Sie sind nicht zu früh mit Ihrer Anmeldung. Ich habe in diesem Zeitraum alles nur „Spezialisten“ da. Mieze hat es komplett gemacht, einen weiteren kann ich nun nicht mehr aufnehmen.“
Über diese Nachricht habe ich mich sehr gefreut. Nun können wir eine Zeitlang ausspannen, jeder auf seine Weise. Und für Notfälle sind wir über Handy zu erreichen.